Zu einem Zeitpunkt, als die Überschneidung von Jugend- und Populärkultur, Protest- und sozialen Bewegungen und elektronischen Massenmedien eine kulturell übergreifende Revolution im Bereich der sozialen Kommunikation verhieß, entwirft der brasilianische Künstler Hélio Oiticica (1937-80), zumeist in Zusammenarbeit mit dem Filmemacher Neville D’Almeida, seine 'Quasi-Cinemas’ – installative Kombinationen aus Diaprojektionen und Soundtrack. Sie entwickeln Oiticicas Ende der Sechzigerjahre entstandenen partizipativen Objekte und Environments weiter, die – wie im Fall von Tropicália - den avantgardistischen Traum einer reziproken Entgrenzung von Kunst und Lebens(-Alltag) in Beziehung zu den Erfahrungsweisen der Favela-BewohnerInnen Rio de Janeiros setzt. Vor diesem Hintergrund kann deutlich werden, dass die von Jack Smith und Andy Warhol inspirierten Quasi-Cinemas keineswegs als Ausdruck eines Glaubens an machtfreie, widerspruchsbereinigte Wahrnehmungsweisen und Kommunikationsräume begriffen werden können. Die Idee der 'Creleisure' postulierend – eine Mischung aus 'Kreativität“ und 'Muße' – stellt Oiticica die (Dis-)Kontinuitäten von (Homo-)Sexualität, Hippie-Kultur, Minorität, (Drogen-)Exzess in einen Zusammenhang mit der herrschenden Ökonomie. Wie ich vor allem anhand der in X-Screen neu eingerichteten Installation CC5 Hendrix-War (1973) argumentieren möchte, erhellen die Quasi-Cinemas den Blick auf die unausgesetzte Spannung zwischen der kritischen Negativität der (Neo-)Avantgarde und der (politischen) Ästhetik der Positivität, wie sie avantgarde-kritischen künstlerischen Haltungen zugeschrieben wird. Sabeth Buchmann ist Kunsthistorikerin und -kritikerin. Regelmäßige Veröffentlichungen, u.a. in der der Zeitschrift 'Texte zur Kunst'; Dissertation über die Bedeutung neuer Technologien für die Neubewertung des Produktionsbegriffs in konzeptueller Kunst (erscheint demnächst). Seit 1997 Lehraufträge an verschiedenen Akademien und Universitäten. Ab März 2004 Professorin für Kunstgeschichte an der Akademie der bildenden Künste, Wien.